Familie Xhaka kauft in Liestal eine Villa und lässt den Garten roden
Nur das Efeu hat überlebt und klammert sich an den Baumstrunken fest, die übrig geblieben sind, aber verloren wirken.
Eine Woche ist verstrichen, seit dem Tag, an welchem ein stolzer Garten in Liestal verschwand. An einem Montagmorgen Ende September seien die Baumpfleger im Garten gestanden, erzählt eine Anwohnerin. «Als wir dann am Abend heimkamen, sah ich, dass der ganze Garten gerodet worden war.»
Die parkähnliche Gartenanlage gehört zu einer der stattlichen Villen am Holderstöckliweg. Das Quartier liegt etwas versteckt an der SBB-Bahnstrecke. Seit rund zwei Jahren sei die Liegenschaft nicht mehr bewohnt gewesen, berichtet die Anwohnerin. Im Quartier wurde gemunkelt, der Vater von Fussballstar Granit Xhaka habe das Haus gekauft.
Ein Blick ins Grundbuchregister bestätigt die Gerüchte. Die Villa samt Grundstück gehört der Generation Immobilien AG. In deren Verwaltungsrat sitzen: Taulant Xhaka, Granit Xhaka und Vater Ragip Xhaka als Präsident der Aktiengesellschaft. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Fussballstars des FC Basel und der Schweizer Nationalmannschaft ihr Vermögen auch in Immobilien investieren.
Das Liestaler Haus mit Baujahr 1915 hat rund 2600 Quadratmeter Umschwung. Wie der Geschäftsführer der Immobilienfirma auf Anfrage bekannt gibt, will die Familie Xhaka die historische Villa sorgfältig aufwerten und «in diesem schönen Umfeld zusätzlichen Wohnraum schaffen».
Schützenswert, aber (noch) nicht geschützt
Die Stadt Liestal kennt keinen Baumschutz und entsprechend dürfen Grundstückbesitzer in ihren Gärten tun und lassen, was sie wollen. Die Rodung am Holderstöckliweg hat trotzdem dafür gesorgt, dass hinter den Kulissen die Drähte zwischen Stadtverwaltung und Kanton heiss laufen.
Es ist nämlich ein aussergewöhnliches Objekt, das die Familie Xhaka im Baselbieter Kantonshauptort gekauft hat. Die Villa, ja das gesamte Quartier mit einer Handvoll Liegenschaften ist seit 2003 im Bundesinventar der schützenswerten Bauten (Isos) aufgeführt. Bei den stattlichen Häusern handelt es sich um Villen, die dem neoklassizistischen oder Heimatstil entlehnt sind und zwischen 1913 und 1923 erbaut wurden. Zwar wurde die Villa der Xhakas bislang weder kommunal noch kantonal unter Schutz gestellt.
Im Bundesinventar aber steht über den Holderstöckliweg, es handle sich um «repräsentative Villen in grösseren Gartenanlagen mit Weitwirkung.» Die Wortwahl lässt aufhorchen: Die Villen sind das Beigemüse.
Das Quartier ist mit dem höchsten Erhaltungsziel im Inventar vermerkt. Was bedeutet, dass die Substanz der Bauten und Freiräume zu erhalten ist. Obwohl das Bundesinventar für Kantone und Gemeinden nicht verbindlich ist, müssen sie das Isos berücksichtigen, wie das Bundesgericht urteilte.
Bundesinventar auch für Gemeinden relevant
In einem früheren Fall in Zürich Fluntern kam das oberste Gericht zum Schluss, auch Gemeinden und Kantone müssten das Interesse am Schutz von Gebäuden anderen Interessen gegenüberstellen. Etwa der Schaffung von Wohnraum und der inneren Verdichtung. Bei Bauten mit dem «Erhaltungsziel A» sei das Interesse an deren Schutz von grossem Gewicht.
Der Garten der Liegenschaft am Holderstöckliweg ist zudem auf der schweizerischen Liste der historischen Gärten und Anlagen (Icomos) vermerkt. Allerdings hat auch diese keine Rechtskraft – Gärten, die auf der Liste aufgeführt sind, gelten als «möglicherweise schutzwürdig».
Die Bäume im grossen Garten seien nicht nur eine grüne Oase gewesen, sagt eine Anwohnerin dieser Zeitung. Der kleine Park habe das Quartier auch vor dem Zugverkehrslärm abgeschirmt. «Im verwaisten Garten gab es viel Wildwuchs und zweifelsfrei auch kranke oder kaputte Bäume, die gefällt werden mussten», sagt sie. Die nahezu komplette Rodung sorgte aber bei den Anwohnenden für Unmut, weshalb sie die Stadt Liestal kontaktierten.
Stadtverwalter Cemi Thoma bestätigt auf Anfrage, Liestal habe nach der Rodung Gespräche mit dem Eigentümer aufgenommen und «das Fällen von weiteren Bäumen bis zum Abschluss der Gespräche gestoppt». Thoma schreibt weiter: «Ob die Bäume unerlaubterweise gefällt wurden, ist Gegenstand der Abklärungen.» Ein konkretes Bauvorhaben liege der Stadtverwaltung derzeit nicht vor.
Kanton: Ein Gesprächstermin war vereinbart
Involviert ist auch der Kanton Baselland; – konkret die kantonale Denkmalpflege, wie Mediensprecherin Andrea Tschopp bestätigt.
Der Kanton wurde ebenso wie die Stadt von der Rodung überrascht. Das Vorgehen entspreche nicht dem Sinn und Geist einer Umgebung, die als schutzwürdig eingetragen sei, sagt Tschopp. «Mit der Eigentümerschaft war abgemacht, dass er sich noch einmal mit dem Kanton austauscht, bevor etwas am Haus oder Garten gemacht wird.» Ein Termin war bereits fixiert.
Die Generation Immobilien AG als Eigentümerschaft begründet die rasch vollzogene Rodung mit Sicherheitsbedenken. «Ein grosser Teil des Baumbestands befand sich nach mehreren Jahren unzureichender Pflege in einem schlechten Zustand», schreibt der Geschäftsführer. Bereits 2024 hätten mehrere Bäume gefällt werden müssen, nachdem die Nachbarschaft auf konkrete Gefahren hingewiesen habe.
Die Eigentümer hätten daraufhin eine fachkundige Analyse des Baumbestands durchgeführt. «Nach den starken Stürmen Ende August 2025 und weiteren Astabbrüchen war das Sicherheitsrisiko für Personen sowie für die Gebäude nicht länger vertretbar.» Dies habe zur umfangreichen Rodung geführt.
Vier Tage vor Beginn der Arbeiten einer Baumpflege-Firma aus dem Frenkental informierte das Münchensteiner Architekturbüro Fortuna – mit gleichem Geschäftsführer wie die Generation Immobilien – die Anwohnenden über die bevorstehenden Rodungsarbeiten. «Um weiterhin die Sicherheit gewährleisten zu können, wurde beschlossen, einige Bäume zurückzuschneiden bzw. zu roden», steht im Schreiben.
Eine Woche später ist nur noch die Hecke zu den Bahngleisen hin übriggeblieben. Für diese Bäume werde die Situation nun mit der Stadt beurteilt, so die Eigentümer. Die Sicherheit, sie stehe für die Firma an oberster Stelle.
Daneben klafft eine Brache. Beim Unwetter in der Nacht auf Montag kippte der Zaun am Holderstöckliweg um. Das Efeu, welches den Zaun noch aufrecht hielt, hat ohne Bäume den Halt verloren. (aargauerzeitung.ch)